VOL.3 __SOLO E PENSOSO

Il Giardino Armonico
Giovanni Antonini,
Dirigent
Francesca Aspromonte, Sopran
Lily Brett, Autorin
Bruno Barbey, Fotografie


Sinfonien Nr. 4, Nr. 42 und Nr. 64
Ouvertüre "L'Isola disabitata", Arie "Solo e pensoso"

Programm

Joseph Haydn (1732–1809): Ouvertüre «L’Isola Disabitata» Hob.XXVIII:9 (1779) 
 

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JOSEPH HAYDN: Ouvertüre zu «L'isola disabitata» Hob.XXVIII:9 (1779)

Largo – Vivace assai – Allegretto – Vivace [assai]

 

von Christian Moritz-Bauer

Zum Namenstag von Nikolaus I. Esterházy de Galantha, am 6. Dezember 1779 (oder am Vorabend der dazu anberaumten Feierlichkeiten), also nur drei Wochen nach dem großen Theaterbrand auf Schloss Eszterháza uraufgeführt, nimmt die von niemand geringerem als Pietro Metastasio nach Motiven aus Robinson Crusoe von Daniel Defoe ausgearbeitete Azione teatrale namens L'isola disabitata eine Sonderstellung ein: Mit nur einem Bühnenbild versehen – Ort der Handlung ist eine einsame, von der Meeresbrandung umspülte westindische Insel, auf der dreizehn Jahre zuvor zwei Schwestern von einem Unwetter gezwungenermaßen Zuflucht gesucht und selbige seitdem nicht mehr verlassen haben – ließ sich das Werk ohne die sonst übliche, aufwändige Ausstattung zur Aufführung bringen. Dafür gibt es im ganzen sieben an- bis aufrührende Arien und zu guter Letzt ein Quartett, das die einst von Seeräubern entführten und nun zurückgekehrten Freunde Gernando und Enrico mit Costanza und Silvia gemeinsam anstimmen. Auch werden sämtliche Rezitative accompagnato, d.h. in der besonders dramatischen orchesterbegleiteten Form ausgeführt, wie dies z.B. auch in Orfeo ed Euridice von Christoph Willibald Gluck der Fall ist.
Die Ouvertüre in g-Moll, welche sich (gemäß der darin zum Ausdruck gebrachten theatralischen Affekte) mit dem Idiom des «Sturm und Drang» im sinfonischen Schaffen unseres Komponisten in Einklang bringen lässt, begann schon in den frühen 1780er Jahren ein gewisses Eigenleben zu führen:

[...] was die Sinfonie von meiner dermahligen ganz neuen opera, welche noch gar nicht verfertigt[!] betrifft, kan ich Ihnen mit der Sinfonie nicht eher als nach ersten producirung dienen, wollen Sie aber unterdessen zwey andere von meinigen Opern, welche noch niemand, ja gar keine Seele in besiz hat, könen Sie das Stück per 5 Ducaten haben, Verspreche anbey, daß ich Ihnen das halbe duzent ergänzen werde [...] 1

Dass es sich bei diesen gegenüber der Wiener Kunst- und Musikalienhandlung Artaria & Comp. im August 1782 angepriesenen Vorschusslorbeeren zunächst noch um das im Entstehen befindliche Instrumentalvorspiel des Orlando paladino handelte, sei nur am Rande erwähnt. Jedenfalls konnte der in Geschäftsdingen bekanntermaßen tüchtige Haydn bereits wenige Wochen später «anverlangte 5 Stück, rein, und Corect geschriebener und gut verfasster Sinfonien» auf den Postweg schicken, deren «Herausgabe, welche wegen Kürze der Stücke den stich sehr wohlfeil machen, einen nahm haften gewinst machen werden» 2. Schließlich erfuhren sie (infolge einer nicht immer spannungsfrei verlaufenden weiteren Korrespondenz mit den Firmeneignern Carlo und Francesco Artaria) dann als SEI SINFONIE A GRAND ORCHESTRE Opera XXXV ihre Wiedergeburt: die Orchestervorspiele der Esterháza-Opern L'incontro improvviso, Lo Speziale, La vera costanza und L'infedeltà delusa, gefolgt vom oratorischen Il ritorno di Tobia und angeführt von L'isola disabitata als Sinfonia I.
Die in vier Abschnitte unterteilte Ouvertüre zu L'isola disabitata gehört zweifelsohne zu den am interessantest gearbeiteten ihrer Art: Während Haydn andere Arbeiten entweder in der traditionellen Dreisätzigkeit der italienischen Opernsinfonie stehen oder deren einsätzige Gestalt – wie bei Il mondo della luna – den Komponisten zur Wiederverwendung als Kopfsatz einer Konzertsinfonie verleiteten, fungiert sie hier als veritable Vorwegnahme des anschließenden dramatischen Geschehens: eine Art tonmalerischer Darstellung der trotz aller quälenden Verzweiflungszustände gebliebenen inneren Standhaftigkeit der Hauptprotagonistin.
Haydn hatte seine «unbewohnte Insel» wohl besonders geliebt: «wan Sie erst meine operett l’Isola disabitata und meine lezt Verfaste opera la fedeltà premiata hören würden: dan ich Versichere, daß dergleichen arbeith in Paris noch nicht ist gehört worden und vielleicht eben so wenig in Wienn» 3, schrieb er im Mai 1781. Auch wenn er der Oper keine zweite Spielzeit zugestehen konnte – zu sehr war die herausfordernde Rolle der Costanza auf das besondere Können der italienischen Sopranistin Barbara Ripamonti zugeschnitten – so konnte doch wenigstens deren Ouvertüre verbreitet über div. Abschriften und Nachdrucke noch im Verlauf des 18. Jahrhunderts an allerlei Orten in Europa gefallen, darunter in einer Bearbeitung des Allegretto für Gesang, Pianoforte und weitere ad libitum gesetzte Instrumentalstimmen über einen eigens dazu gedichteten englischen Liedtext: „Gentle Sleep, mine eyelids close“.

Haydn an den Verleger Artaria Wien, 16. August 1782, siehe: Joseph Haydn. Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen, hg. von Dénes Bartha, Kassel u.a. 1965, S. 118.
Haydn an den Verleger Artaria, Wien, 29. September 1782, siehe ebd., S. 119.
Haydn an den Verleger Artaria, Wien, 27. Mai 1781, siehe ebd., S. 97.

VOL. 3 _SOLO E PENSOSO

Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 42 in D-Dur, Hob. I:42 (1771)
Moderato e maestoso / Andantino e cantabile / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Scherzando e presto

42

SINFONIE NR. 42 D-DUR HOB. I:42 (1771)

Besetzung: 2 Ob, 2 Hr, Str (mit Solo für 2 Fg od. 2 Vc)
Entstehungsjahr: [Sept.-Dez.?] 1771

Moderato e maestoso / Andantino e cantabile / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Scherzando e presto

 

von Christian Moritz-Bauer

War in Bezug auf das Orchestervorspiel der Isola disabitata bereits vom Idiom des «Sturm und Drang» im Sinne einer in den Jahren um 1770 in Mode gekommenen, affektisch überzeichneten musikalischen Ausdrucksweise die Rede, so wird denn leicht übersehen, dass besonders auch in Haydns kompositorischem Denken jener Zeit eine ganze Reihe weiterer Eigentümlichkeiten am Werk erkennbar sind, deren Fortbestand sich als vergleichsweise nachhaltiger erweisen sollte. Unter Forschern ist hier u.a. von einem «popularen Stil» die Rede, bzw. davon, dass Haydns sinfonisches Schaffen – aufgrund der von seinem Dienstgeber angeordneten Beschäftigung mit dem Musiktheater einerseits, sowie durch befruchtende Kontakte zum zeitgenössischen Sprechtheater andererseits – sich in zunehmender Form zum «Theatralischen» hin entwickelte. So wurden etwa der Kopfsatz der 1771 komponierten Sinfonia in D, Hob. I:42, mit seiner Litanei an entsprechenden Floskeln, seinen Akkordschlägen, singenden Violinmelodien, Unisono-Passagen von aufsteigenden Skalen und fallenden Dreiklangsbrechungen bis hin zu einem im Orchestertutti auskomponierten Crescendo gar als «eine italienische Opernsinfonie parodierend« 1 dargestellt. Tatsächlich scheint es im Moderato e maestoso von Einigem «etwas zu viel» zu geben, wobei allein die Anzahl von bis zu 448 Takten (bei Ausführung im vorgeschriebenen Tempo und Einhaltung aller Wiederholungen) ihn zu einem der längsten Instrumentalsätze Haydns werden lassen – ein Umstand also, der nach einer kleinen Bestandsaufnahme verlangt: Dem thematischen Hauptgedanken folgt nicht nur ein, sondern kurz vor Ende des ersten Formabschnitts («Exposition») auch noch ein zweiter, recht keck daher kommender Nebengedanke samt dynamisch kontrastierender Überleitung. Der zweite Abschnitt («Durchführung») besticht durch eine trügerische Haupt- und eine ebensolche Nebenkadenz – zwei «Scheinreprisen» also – während der dritte (die eigentliche «Reprise») an einem überraschenden, traumverhangenen Punkt ins Stocken und vorzeitige Verklingen gerät.

«Fünf verschiedene melodische Theile, bey denen noch überdieß bis zur ersten Cadenz weiter kein melodisches Verlängerungsmittel gebraucht ist, als die Wiederholung» 2 erkennt ein Zeitgenosse Haydns, der bedeutende Musiktheoretiker Heinrich Christoph Koch in dem recht nachdenklich erscheinenden, bisweilen von gezügelten Geistesblitzen bestimmten Andantino e cantabile. Eine solche Stelle wurde von Haydn selbst mit den berühmten Worten «Dieses war vor gar zu gelehrte ohren» gekennzeichnet und gehört zu einer Passage in der die 1. Violine ursprünglich einen vor sich hin seufzenden, kurzen Alleingang hätte vollziehen sollen. Im mittleren Teil dieses A-Dur-Satzes, dem Koch in seinem Versuch einer Anleitung zur Composition ein kleines Denkmal setzte, bestimmen Molltonarten das harmonische Geschehen, wobei es mit fortschreitender Zeit erscheint, als suche der Tonschöpfer selbst voller Verzweiflung nach einem Ausweg aus der Finsternis in fis, bis auch der letzte Hoffnungsschimmer erloschen ist. Da eilt – bekräftigt durch wohltuende Bläserfarben – die plötzliche Wiederkehr des in sich ruhenden Anfangsthemas zu Hilfe. Von schwebender Leichtigkeit ist auch das mit kreiselnden Achteltriolen ausstaffierte Allegretto-Menuett erfüllt, während das den Streichern allein überlassene Trio wie ein akustischer Ausflug in die bezaubernde Vogelwelt des nahegelegenen Neusiedlersees anmutet. Eine grundsätzlich höhere Beachtung hat seit jeher indes das folgende Finale. Scherzando e presto erhalten, bei dem es sich Sonja Gerlach zufolge um «Haydns erstes Variationenrondo», also ein «festgefügtes fünfteiliges Rondo, mit der […] Besonderheit, daß die wiederkehrenden Refrains variiert sind» 3 handeln würde. Besonders spannend wird es natürlich – wie so oft in Rondosätzen – in den dazwischen liegenden Couplets, wo wir es hier an erster Stelle mit einer spritzigen Harmoniemusikeinlage für 2 Oboen, 2 Hörner und 2 Fagotte zu tun haben, an zweiter Stelle hingegen mit einer Wanderung durchs düstere Reich der Mollvariante, deren sprunghafte Ausbrüche ein wenig an Einen der auszog das Fürchten zu lernen erinnern.

A. Peter Brown, The Symphonic Repertoire Vol. II – The First Golden Age of the Viennese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven and Schubert, Bloomington 2002, S. 130.
Heinrich Christoph Koch, Versuch einer Anleitung zur Composition, 3. Teil, Leipzig 1793, S. 382.
Sonja Gerlach, Joseph Haydns Sinfonien bis 1774. Studien zur Chronologie, in Haydn-Studien 7/1-2 (1996), S. 192.

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Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico

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Joseph Haydn (1732–1809): Arie «Solo e Pensoso» Hob.XIVb:20 (1798)
 

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JOSEPH HAYDN: Arie «SOLO E PENSOSO» HOB. XIVb:20 (1798)

von Christian Moritz-Bauer
 

Bei jener Arie, die freundlicherweise ihren ersten Vers als Motto zum 3. Teil unter den Projekten von Haydn2032 zur Verfügung gestellt hat, haben wir die Ehre einer Darbietung von Joseph Haydns letzter säkularer Komposition für Sologesang mit Orchesterbegleitung beizuwohnen. Im Jahr 1798 wurde hier eine Vertonung des Sonetts XXXV aus Petrarcas Il Canzioniere von ca. 1337 zu Papier gebracht, dessen Textwahl von den HerausgeberInnen der Haydn-Gesamtausgabe als «für das späte 18. Jahrhundert äußerst ungewöhnlich» 1 bewertet wurde. Tatsächlich stellt aber die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im äußersten Osten Europas – gemeint ist das russische Zarenreich – eine Zeit des intensivem Interesses der dortigen gebildeten Bevölkerung an jenem italienischen Dichter dar, der aufgrund seiner Werke zu den wichtigsten Persönlichkeiten der abendländischen Kulturgeschichte gezählt und durch deren Übertragung ins Russische der Wunsch zur Beförderung der eigenen Nationalsprache zum Ausdruck gebracht wurde. 2 So erscheint es jedenfalls als kein Zufall, dass Haydn, der in frühen 1780er Jahren in persönlichen Kontakt zum damaligen russischen Thronfolgepaar geriet und noch 1804 die deutschstämmige Kaiserinwitwe Maria Feodorowna mit der Übersendung seiner (ein- bis mehrstimmigen) Gesänge mit Begleitung des Piano-Forte nach Sankt Petersburg beglückte, im Jahr der vollendeten Schöpfung durch einen russischen Großfürsten, also den späteren Zaren Alexander I. oder dessen jüngeren Bruder Konstantin, mit dem Vorschlag konfrontiert wurde, das eben erst von Michail Kajserow neu übersetzte petrarkische Sonett – wenngleich natürlich in seiner italienischen Originalfassung – in Musik zu setzen. Solches ist zumindest aus der autographen Beschriftung der Titelseite herauszulesen, die da lautet «Aria. del Haydnmpria / le parole del gran Prencipe di Russia».

Haydns Sonett-Vertonung wurde wiederholt vorgehalten, sie habe die metrische Struktur der an sich undramatischen poetischen Vorlage den Gesetzmäßigkeiten der Oper geopfert. 3 Schlimmer noch: Seine Musik laufe Gefahr einen schwerwiegenden ästhetischen Fehler zu begehen, in dem sie den inneren Dialog mit Amor, als personifiziertes Ebenbild der unerfüllten Liebe zu Petrarcas Madonna Laura, nicht als beständigen Diskurs, sondern im Sinne eines lichtbringenden Auswegs für das ins freiwillige Exil gezogene, weil den Säften der Melancholie anheim gefallene Ich interpretiere. (Wer mag da nicht gerne an Haydns brieflich geäußerte eigene Stimmungslage denken, als er aus der Einsamkeit des pannonischen Winters 1790 an seine Wiener Herzensfreundin Maria Anna von Gennzinger schreibt: «Nun – da siz ich in meiner Einöde – verlassen – wie ein armer waiß – fast ohne menschlicher Gesellschaft – traurig – voll der Errinerung vergangener Edlen täge …»). 4

Der in «Solo e pensoso» vollzogene Abschied an die italienische Arie zeigt einige Merkmale des späten Haydn'schen Orchestersatzes auf, verlangt nach zwei Klarinetten anstelle des üblichen Oboenpaares und schafft in seinem eröffnenden Adagio-Ritornell eine fast schon religiös anmutende Stimmung, die sich zu Beginn des Allegretto-Abschnitts noch zusätzlich verdichtet. Motivische Verwandschaftsverhältnisse zum Agnus Dei der Nelson- bzw. Vorwegnahmen hinsichtlich des Credos und Et resurrexit aus der Harmoniemesse unterstreichen diesen Eindruck. In dieses Bild hinein bricht die eigenartige harmonische Struktur des Werkes, welche von B- über F- ins submediante Des-Dur fortschreitet, wo sie dann bis zu Beginn der Terzett-Strophe verharrt und auf die rauen und wilden Wege Bezug nimmt, die das vor Sehnsucht innerlich brennende Ich in seiner Einsamkeit zurücklegt. Der Rückweg in die Tonika lässt jedenfalls Raum für ein paar schlichte, aber umso mehr berührende fioriture in den vokal-instrumentalen Melodiestimmen.

Auch wenn sich das persönliche Befinden des Komponisten mittlerweile längst in einen Zustand der inneren Freiheit und Ruhe gewandelt hatte, dürfte ihm das hier vorgezeichnete, in pittoreske landschaftliche Szenen gesetzte Selbstportrait eines Dichters ausgesprochen nachvollziehbar erschienen sein. Passenderweise geschah die Uraufführung der Arie zur Zeit der inneren Einkehr, nämlich im Rahmen zweier vorweihnachtlicher Konzerte der Wiener Tonkünstler-Societät vom 22. und 23. Dezember 1798, wobei die Solistenrolle einer gewissen Antonie Flamm zugetragen wurde, die als Altistin mit der bis zum b'' reichenden Partie jedoch ein wenig überfordert gewesen sein soll. 5

Joseph Haydn Werke, Reihe XXVI, Band 2, Arien, Szenen und Ensembles mit Orchester, 2. Folge, hg. von Julia Gehring, Christine Siegert und Robert v. Zahn, München 2013, S. XIX.
vgl. Tatiana Yakushkina, Was there petrarchism in Russia?, in: Forum Italicum 47(1), S. 15-37.
vgl. Andrea Chegai, Divergenze tra forma poetica ed effetto estetico: «Solo e pensoso» musicato da Haydn, in: Atti del Convegno Internazionale di Studi VII Centenario della nascita di Francesco Petrarca Arezzo, 18-20 Marzo 2004, hg. Von Andrea Chegai u. Cecilia Luzzi, Lucca, S. 425-433.
Haydn an Maria Anna von Gennzinger, 9. Februar 1790, siehe: Joseph Haydn. Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen, hg. von Dénes Bartha, Kassel u.a. 1965, S. 228.
vgl. H.C. Robbins Landon, Haydn: Chronicle and Works, Bd. 4, Haydn: The Years of 'The Creation' 1796-1800, London 1977, S. 334.

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Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico

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Joseph Haydn (1732–1809) Sinfonie Nr. 4 in D-Dur, Hob. I:4 (1757-1760)
Presto / Andante / Finale. Tempo di Menuet

4

SINFONIE NR. 4 D-Dur HOB. I:4 (1757-1760)

Besetzung: 2 Ob, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr:bis 1762 [1757/1760]

Presto / Andante / Finale. Tempo di Menuet

 

von Christian Moritz-Bauer

Die Sinfonie in D-Dur Hob. I:4 gehört zu jenen Kompositionen Joseph Haydns, die seiner Stellung als Kapellmeister bei Graf Karl Joseph Franz von Morzin im westböhmischen Dolní Lukavice (Unter-Lukawitz, südlich von Pilsen gelegen) zugeschrieben werden und von 1757 bis kurz vor Haydns Ruf nach Eisenstadt im Frühjahr 1761 gedauert haben dürfte. Zwar lautet ihre älteste mit einer (wahrscheinlich verlorengegangenen) Abschrift in Verbindung stehende Datierung auf 1762, doch konnte sie die Haydnforscherin Sonja Gerlach infolge ihrer chronologischen Untersuchungen im entstehungsgeschichtlich direkten Anschluss an die vier sogenannten «Erstlinge» – gemeint sind die Sinfonien Nr. 1, 37, 18 und 2 – einreihen. 1 (Bekannterweise geht die nach wie vor gebräuchliche traditionelle Nummerierung auf ein 1908 publiziertes Verzeichnis von Eusebius Mandyczewki für die von Breitkopf und Härtel begonnene Gesamtausgabe der sinfonischen Werke Haydns zurück, dem zwar in vielen Fällen eine nur unzureichende Reihung, dafür aber bereits eine einwandfreie Trennung von originalen wie unterschobenen Kompositionen gelungen war.)
Als Hauptquelle des nicht in der Eigenschrift des Komponisten erhalten gebliebenen Werks wird ein Stimmensatz aus der im ungarischen Keszthely aufbewahrten «Fürnberg-Sammlung» gewertet, wobei sich deren Name auf Karl Joseph Edler von Fürnberg bezieht, dessen Familienstammsitz sich einst in Schloss Weinzierl im niederösterreichischen Wieselburg an der Erlauf befand. Jedenfalls soll der Baron nicht nur den jungen Tonschöpfer an den befreundeten Morzin empfohlen, sondern im Laufe der kommenden Jahre auch eine Reihe an Musikhandschriften erworben haben, die für die Dokumentation von Haydns sinfonischem Frühwerk von besonderer Bedeutung ist.

Zu den Charakteristika der ersten Haydn-Sinfonien gehören neben der zumeist nur dreisätzigen Anlage oft ein Finale im 3/8-Takt, das im Fall von Hob. I:4 dann im Tempo di Menuet vorzutragen wäre, v.a. aber «schlanke Texturen, tadellose formale Logik [...] sowie eine überraschend kontrapunktisch gedachte Stimmführung, die sich gar gerne unter einer Fassade galanter Gesten versteckt hält». 2
Eben diese letztgenannten galanten Gesten sind es, die – gepaart mit einem tänzerischen «drive“ und prägnanten Horneinwürfen – das eröffnende Presto durchziehen. Besondere Beachtung gebührt auch dem kontrastierenden in der Molldominante angesiedelten Seitengedanken, vor allem aber – so James Webster 3 – jener «eindrucksvoll zweifach modulierten Crescendo-Sequenz sowie dem langen spannungsgeladenen Übergang» vom zweiten zum dritten «Hauptperioden» (um mit den zeitgenössischen Termini des Rudolstädter Musiktheoretikers Heinrich Christoph Koch zu operieren).

In eine geradezu befremdlich andere, uns aus den Alleinseins-Szenarien der L'isola disabitata-Ouvertüre sowie Haydns Vertonung des Petrarca-Sonetts «Solo e pensoso» vielleicht schon etwas vertraut gewordene Welt entführt das anschließende Andante mit unruhig gegeneinander verschobenem Grundrhythmus, über den sich eine «einsame» Kantilene der ersten Violinen erhebt und durch sein con sordino auszuführendes Klangbild eine mithin als «geisterhaft“ umschriebene Atmosphäre bewirkt. Jedenfalls vermag der Mittelsatz einen durchaus nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, durchzieht doch ein leiser Faden der Melancholie das bereits erwähnte, indes auch vergnügliche Züge annehmende Finale, welcher an einer Stelle sogar recht unüberhörbar hervor bricht, wenn nämlich «die vom Forte ins Piano und Pianissimo zurückgehende Dynamik, die plötzliche Wendung von D-Dur nach d-Moll, die stockende Melodik der Violinen und zuletzt das Hinzutreten der beiden Hörner mit einer lang gehaltenen Oktave» […] zur «Intensivierung des Orgelpunkts» beitragen. (Walter Lessing nimmt hier auf die gleichmäßig pochende Achtelbewegung der tiefen Streicher zu Beginn des zweiten Formabschnitts Bezug.) 4

Sonja Gerlach, Joseph Haydns Sinfonien bis 1774. Studien zur Chronologie, in Haydn-Studien 7/1-2 (1996), S. 70ff.
Neal Zaslaw, Rezension „Joseph Haydn, The Morzin Symphonies 1758-1760, […] L'Estro Armonico, directed by Derek Solomons, in: Early Music, January 1983, S. 125.
James Webster, Joseph Haydn. Sinfonien für Graf Morzin, ca. 1757-60, in: Haydn Symphonies c. 1757-60 […] The Academy of Ancient Music, Christopher Hogwood, volume 1, London 1993, S. 49f.
Walter Lessing, Die Sinfonien von Joseph Haydn, Band I, Baden-Baden 1987, S. 16.

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Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 64 in A-Dur, Hob. I:64 (1773)
Allegro con spirito / Largo / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Presto

64

SINFONIE NR. 64 A-DUR HOB. I:64 (1773)

Besetzung: 2 Ob, 2 Hr, Str
Entstehungsjahr: bis 1778 [Herbst 1773]

Allegro con spirito / Largo / Menuet. Allegretto – Trio / Finale. Presto

 

von Christian Moritz-Bauer

Eines hat an der Sinfonie A-Dur, Hob.I:64 schon immer für Diskussionen gesorgt: die Frage nach Herkunft und Bedeutung ihres Beinamens «Tempora mutantur». Ja, die zumeist nachträgliche Taufe Haydn'scher Werke ist so ein Thema – und das nicht nur im Bereich der Sinfonie, sondern auch beim Streichquartett bzw. überall dort, wo der Komponist seinem Umfeld oder seiner Nachwelt ein in seiner Vielgestalt mehr oder weniger unübersichtliches Œuvre hinterlassen hat. Die Qualität eines Beinamens wurde «von offizieller Seite» – ohne an die oft durchaus positiven «Nebeneffekte» zu denken – meist nach den Kriterien von Authentizität und Autorisierung beurteilt, d.h. nach der Frage, ob er vom Komponisten selbst oder aus seinem direkten Umfeld stammte, bzw. von einem der beiden als zutreffend anerkannt wurde. Im Fall von Hob I:64 jedenfalls – die relativ hohe Zählnummer innerhalb der Sinfoniengruppe entspricht nicht ganz der im Herbst 1773 vermuteten Entstehung des Werkes – herrscht bis heute noch relative Uneinigkeit, was die Akzeptanz gegenüber dem auf ein berühmtes lateinisches Sprichwort (Tempora mutantur nos et mutamur in illis: quomodo? Fit semper tempore peior homo / Die Zeiten ändern sich und wir uns in Ihnen: Wie das? Es wird mit den Zeiten auch schlechter der Mensch) zurückgehenden Titel, welcher den Umschlag einer in Frankfurt am Main aufbewahrten auf 1775 geschätzten Stimmenabschrift eindeutig esterházyscher Provenienz ziert. 1
Eigentlich wäre damit ja ein eindeutig positives Merkmal vorhanden, wenn nicht der (jüngere?) Umschlag aus einem anderem Papier bestünde und die Beschriftung darauf von einer anderen Hand als der des dazugehörigen Stimmensatzes stammen würde. Eine durch den Autor dieser Zeilen jüngst getätigte Einsichtnahme in besagte (durch den Verlust des Autographen zur Hauptquelle von Hob. I:64 gewordenen) Notenhandschrift, führte zumindest zu der Erkenntnis, dass der übrigens von H. C. Robbins Landon erstmals wieder ins Gespräch gebrachte Beiname, ganz sicher einst mit eben jenem Werk und nicht etwa mit einer auf der Innenseite der Mappe kopfstehend angezeigten Sinfonia in G [...] del Sig. Carlo Ditters. – wie dies der Autor des Artikels «Tempora mutantur» im Haydn-Lexikon vermutet 2 – in Verbindung gebracht wurde. Außerdem deutet die übereinstimmende, charakteristische Signierung von Umschlag und Stimmensatz auf eine (vorübergehende) Herkunft, wenn nicht gar Zusammenführung beider Elemente aus bzw. in der für die europaweite Verbreitung Haydn'scher Sinfonien so überaus wichtigen Wiener Kopisten-Werkstätte des Johann Traeg hin.

Besonders der langsame Satz der A-Dur-Sinfonie hat seit jeher die Aufmerksamkeit von Kennern und Liebhabern von Musikausübenden, -forschenden wie KonzertgängerInnen erregt – wobei die Reaktionen von Haydns Zeitgenossen noch um einiges stärker ausgefallen sein dürften als die heute zu beobachtenden – verstößt doch das Largo in permanenter Weise gegen eine der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der musikalischen Grammatik und spielt zugleich mit den Erwartungshaltungen aller beteiligten Ohren. Lange Rede, kurzer Sinn: Es geht um sogenannte Kadenzen, also die Schlüsse musikalischer Phrasen, die für das Erkennen von Tonalität und Formabschnitten von entscheidender Bedeutung sind, wie Haydn diese einfach verschwinden und dann mit zeitlicher Verzögerung wieder auftauchen lässt.
Die amerikanische Wissenschaftlerin Elaine Sisman – überzeugt davon in Hob. I:64 Teile einer verschollenen Theatermusik zu Shakespeares Hamlet, wie sie im Rahmen einer für das Jahr 1774 angekündigten Pressburger Produktion der Schauspieltruppe des Karl Wahr von Haydn erwartet wurde, wiederentdeckt zu haben – erkennt bei besagtem lateinischen Sprichwort einen inneren Zusammenhang mit jener bereits angedeuteten, trickreichen Vorgehensweise des Komponisten, wobei sich ihre Begründung auf einen von Goethes Wilhelm Meister zum Schlüsselwort erklärten Ausspruch des Prinzen von Dänemark beruft: «Die Zeit ist aus ihren Fugen gekommen; o unseliger Zufall! Dass ich geboren werden musste, sie wieder zurecht zu setzen!» 3
Sismans Gedanke wurde zuletzt in einer von Danuta Mirka publizierten Studie über «Absent Cadences» aufgegriffen und durch die aus der Musiktheorie des 18. Jahrhunderts entlehnten rhetorischen Mittel der «Ellipsis» und «Aposiopesis» erklärt. 4Letztlich vermögen aber auch ihre Ausführungen keine wirklich überzeugungskräftige Antwort auf die Frage des inneren Zusammenhangs zwischen dem Largo aus Hob. I:64 und dem Sinnspruch des «Tempora mutantur» zu liefern. Vielleicht sollten wir – bis sich einmal ein tieferes Wissen einstellen wird – doch einfach nur von Haydns Musik ausgehen und was sie bei ihren Hörern auszulösen vermag. Eine Beschreibung dessen finden wir etwa bei Dean Sutcliffe, dem zu vorliegendem Spiel mit unterbrochenen Kadenzen und unvollständigen Phrasen, die Vorstellung einer «affective reading that concerns nostalgia and melancholy» 5 kommt, wobei wir – wohl nicht ganz unmerklich – zur Idee des «Solo e pensoso»-Sonetts zurückgekehrt wären. Ein paar aufwühlende Passagen, welche das «Theatralische» im Vokabular des Komponisten hervortreten lassen, wären hier auch zu finden, wie etwa die dramatische Wendung nach d-Moll beim erstmaligen Hinzutreten der Bläser zum gedämpften Streichersatz, «einem jähen Crescendo vom Pianissimo bis zum Fortissimo und einem ebenso jähen Zurücksinken in leises, düsteres Verharren.» 6 Von einer überraschenden klangfarblichen Note wird schließlich noch die finale, schaurig schöne Wiederkehr der Düsternis begleitet: So tönt hier nämlich im Orgelton aus Streichbässen und 2. Horn das tiefe D während das 1. Horn anstelle der Geigen die melodische Führung übernimmt.
Mit der besonderen Eigenart und undurchsichtigen musikalischen Logik der A-Dur-Sinfonie ist es damit aber längst nicht getan. So bekommen wir es etwa im Allegro con spirito mit dynamischen Schroffheiten, synkopierter Rhythmik und ausgefallenen Harmoniefolgen zu tun, wobei hier übrigens für die Kenner des klassischen Tonsatzes noch manch weitere «Ellipsis» versteckt wurde. Das Presto hingegen beliebt sich zunächst als Sonatensatz zu geben, wenngleich die Ritornellform des Instrumentalrondos immer öfter in unverwechselbarer Weise hervortritt. Ganz zu schweigen von den dramatischen, «Sturm und Drang»-artigen Ausbrüchen, für die an wiederholter Stelle gesorgt wurde … Einen Fortissimo-Tusch gibt es dann auch noch – den aber, wie es sich gehört, erst ganz zum Schluss.

vgl. u.a. Joseph Haydn Werke, Reihe I, Band 5a, Sinfonien um 1770-1774, hg. von Andreas Friesenhagen und Ulrich Wilker, München 2013, S. VII & 250.
Horst Walter, Artikel „Tempora mutantur“, in: Das Haydn-Lexikon, hg. von Armin Raab, Christine Siegert und Wolfram Steinbeck, Laaber 2010, S. 780.
Elaine R. Sisman, Haydn's Theater Symphonies, in: Journal of the American Musicological Society, 43 (1990), S. 320ff.
Danuta Mirka, Absent Cadences, in: Eighteenth Century Music, Bd. 9, Heft 2, September 2012, S. 213-235.
W. Dean Sutcliffe, Expressive Ambivalence in Haydn's Symphonic Slow Movements of the 1770s, in: The Journal of Musicology, Bd. 27, Heft 1 (2010), S. 110f.
Walter Lessing, Die Sinfonien von Joseph Haydn, Band II, Baden-Baden 1988, S. 88.

VOL. 3 _SOLO E PENSOSO

Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico

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Besetzung

Il Giardino Armonico
Giovanni Antonini,
Dirigent
Francesca Aspromonte, Sopran

  • Besetzungsliste Orchester

    1. Violine: Stefano Barneschi*, Fabrizio Haim, Ayako Matsunaga, Liana Mosca
    2. Violine: Marco Bianchi*, Francesco Colletti, Fabio Ravasi, Maria Cristina Vasi
    Viola: Ernest Braucher*, Alice Bisanti
    Cello: Paolo Beschi*, Elena Russo
    Kontrabass: Giancarlo De Frenza, Stefan Preyer
    Flöte: Eva Oertle
    Horn: Anneke Scott*, Edward Deskur
    Oboe: Emiliano Rodolfi*, Josep Domenech
    Klarinette: Tindaro Capuano, Danilo Zauli
    Fagott: Alberto Guerra, Giulia Genini

Vergangene Konzerte

Basel,
Samstag, 14.11.2015, 19.00 Uhr

Martinskirche, Basel
Haydn-Lounge:
im Anschluss an das Konzert mit Giovanni Antonini und Prof. Dr. Wolfgang Fuhrmann (Patricia Moreno)

Wien
Dienstag, 17.11.2015, 19.30 Uhr

Musikverein Wien, Brahms-Saal
Haydn-Lounge: im Anschluss an das Konzert mit Giovanni Antonini und Prof. Dr. Wolfgang Fuhrmann (Michele Calella)
 

Biografien

Il Giardino Armonico
Orchester

Il Giardino Armonico

Orchester

Il Giardino Armonico, unter der Leitung von Giovanni Antonini, wurde 1985 gegründet und hat sich als eines der weltweit führenden Ensembles mit Spezialisierung auf historische Instrumente etabliert. Das Ensemble besteht aus Musikerinnen und Musikern aus den bedeutenden Musikinstituten Europas. Sein Repertoire konzentriert sich hauptsächlich auf das 17. und 18. Jahrhundert. Je nach Bedarf des jeweiligen Programms besteht die Gruppe aus sechs bis dreißig Musikerinnen und Musikern.

Das Ensemble wird regelmäßig zu Festivals auf der ganzen Welt eingeladen und tritt in den bekanntesten Konzerthallen auf. Große Anerkennung erfährt es dabei sowohl für seine Konzerte als auch für seine Opernproduktionen, z. B. Monteverdis „L’Orfeo“, Vivaldis „Ottone in Villa“, Händels „Agrippina“, „Il Trionfo del Tempo e del Disinganno“, „La Resurrezione“ und „Giulio Cesare in Egitto“ mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen 2012.

Darüber hinaus ist Il Giardino Armonico stets intensiv mit Aufnahmen beschäftigt. Viele Jahre war das Ensemble exklusiv bei Teldec unter Vertrag und erhielt mehrere bedeutende Auszeichnungen für seine Aufnahmen von Werken von Vivaldi und den anderen Komponisten des 18. Jahrhunderts. Es folgte ein Exklusivvertrag mit Decca/L’Oiseau-Lyre für die Aufnahme von Händels Concerti Grossi op. 6 und die Kantate „Il Pianto di Maria“ mit Bernarda Fink. Bei Naïve brachte Il Giardino Armonico zudem „La Casa del Diavolo“, Vivaldis Cellokonzerte mit Christophe Coin, sowie die Oper „Ottone in Villa“ heraus, die 2011 mit dem Diapason d'Or ausgezeichnet wurde. Für das Label Onyx nahm es Vivaldis Violinkonzerte mit Viktoria Mullova auf.

Nach dem großen Erfolg und der Grammy-Auszeichnung für „The Vivaldi Album“ mit Cecilia Bartoli (Decca, 2000) führte eine erneute Zusammenarbeit mit ihr 2009 zu dem Projekt „Sacrificium“ (Decca), ein Platin-Album in Frankreich und Belgien, das einen weiteren Grammy erhielt. Produkt des jüngsten Projekts mit Cecilia Bartoli ist das Album „Farinelli“ (Decca, 2019).
Ebenfalls bei Decca brachte Il Giardino Armonico „Alleluia“ (2013) und „Händel in Italy“ (2015) mit Julia Lezhneva heraus – beide Werke wurden von Öffentlichkeit und Kritikern gepriesen.

In einer Koproduktion mit dem Nationalen Forum für Musik in Breslau (Polen) veröffentlichte Il Giardino Armonico „Serpent & Fire“ mit Anna Prohaska (Alpha Classics – Outhere Music Group, 2016) und gewann 2017 den ICMA für Barockgesang. Es folgte die Telemann-Aufnahme auf CD und LP (Alpha Classics, 2016), die 2017 den Diapason d’Or de l'Année und den Echo Klassik erhielt.
Die Einspielung von fünf Violinkonzerten von Mozart mit Isabelle Faust (Harmonia Mundi, 2016) ist das Ergebnis der hochkarätigen Zusammenarbeit mit der großartigen Violinistin und wurde 2017 mit dem Gramophone Award und Le Choc de l'année ausgezeichnet.
Ein neues Vivaldi-Album, „Concerti per flauto“, ist erschienen (Alpha Classics, March 2020) und gewann den Diapason d’Or: eine prächtige Zusammenstellung aus diesem Repertoire mit Giovanni Antonini als Soloist, aufgenommen zwischen 2011 und 2017.

Il Giardino Armonico ist Teil des Projekts „Haydn2032“, zu dessen Zweck die Joseph Haydn Stiftung Basel gegründet wurde, um sowohl die Einspielung der gesamten Haydn-Sinfonien (Label: Alpha Classics) als auch Konzerte in verschiedenen europäischen Städten mit dem thematischen Schwerpunkt auf dessen Repertoire zu unterstützen. Das erste Album mit dem Titel „La Passione“ kam im November 2014 heraus und erhielt den Echo Klassik (2015). „Il Filosofo“, 2015 veröffentlicht, wurde mit dem „Choc of the Year“ von Classica ausgezeichnet. Das dritte Album, „Solo e Pensoso“, erschien im August 2016 und das vierte Album, „Il Distratto“, kam im März 2017 heraus und gewann im selben Jahr den Gramophone Award. Die achte Einspielung, La Roxolana, wurde im Januar 2020 veröffentlicht und die neunte Aufnahme, „L’Addio“, kam im Januar 2021 heraus und gewann den „Choc of the Year“ von Classica und den Diapason d’Or. Das zehnte Album, „Les Heures du Jour“, wurde im Juli 2021 herausgebracht und gewann im Oktober 2021 den Diapason d’Or.
Der Album-Zyklus wurde kürzlich um ein weiteres monumentales Werk des österreichischen Komponisten ergänzt: „Die Schöpfung“ mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks wurde im Oktober 2020 veröffentlicht.

Das Ensemble arbeitete ebenfalls mit renommierten Soloisten wie Giuliano Carmignola, Sol Gabetta, Katia und Marielle Labèque, Viktoria Mullova und Giovanni Sollima zusammen.
2018 setzte Il Giardino Armonico seine Zusammenarbeit mit der jungen und talentierten Violinistin Patricia Kopatchinskaja mit einem Programm voller schöpferischer Spannung zwischen Vergangenheit und Zukunft fort, das philologische Genauigkeit und zeitgenössische Musik verbindet: Das Album „What’s next Vivaldi?“ kam im Oktober 2020 bei Alpha Classics heraus und erhielt 2021 den Opus Klassik.
Zu den jüngsten Projekten zählen die Aufnahme von „La morte della Ragione“ (koproduziert mit dem Nationalen Forum für Musik in Breslau, herausgebracht von Alpha Classics und 2019 ausgezeichnet mit dem Diapason d’Or), ein Programm zur Förderung der Aufmerksamkeit für Barockmusik in Europa und die Suche nach einer Wiederbelebung des Hörerlebnisses früher Musik.

ilgiardinoarmonico.com

Giovanni Antonini
Dirigent

Giovanni Antonini

Dirigent

Der gebürtige Mailänder Giovanni Antonini studierte an der Civica Scuola di Musica und am Zentrum für alte Musik in Genf. Er ist Mitbegründer des Barockensembles Il Giardino Armonico, dessen Leitung er seit 1989 innehat. Mit dem Ensemble trat er als Dirigent und als Solist für Block-und Traversflöte in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Südamerika, Australien, Japan und Malaysia auf. Er ist künstlerischer Leiter des Wratislavia Cantans Festival in Polen und Erster Gastdirigent des Mozarteum Orchesters und des Kammerorchesters Basel.
Antonini hat bereits mit vielen namhaften Künstlern zusammengearbeitet, darunter Cecilia Bartoli, Isabelle Faust, Viktoria Mullova, Giuliano Carmignola, Giovanni Sollima, Sol Gabetta, Sumi Jo, Emmanuel Pahud, Katia und Marielle Labèque sowie Kristian Bezuidenhout.
Dank seiner erfolgreichen Arbeit ist Antonini gefragter Gastdirigent bei vielen führenden Orchestern. So gastiert er etwa regelmässig bei den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem Mozarteumorchester Salzburg, dem Leipziger Gewandhausorchester, dem London Symphony Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Kammerorchester Basel.
Zu seinen Opernproduktionen gehören Händels «Giulio Cesare» und Bellinis «Norma» mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen. Im Jahr 2018 dirigierte er «Orlando» am Theater an der Wien und kehrte für Idomeneo an das Opernhaus Zürich zurück. In der Saison 21/22 wird er als Gastdirigent das Konzerthausorchester Berlin, Stavanger Symphony, Anima Eterna Bruges und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigieren. Außerdem wird er Cavalieris Oper «Rappresentatione di Anima, et di Corpo» für das Theater an der Wien und eine Ballettproduktion von Haydns «Die Jahreszeiten» für das Wiener Staatsballett mit den Wiener Philharmonikern dirigieren. 

Mit Il Giardino Armonico hat Giovanni zahlreiche CDs mit Instrumentalwerken von Vivaldi, J.S. Bach (Brandenburgische Konzerte), Biber und Locke für Teldec aufgenommen. Mit Naïve nahm er Vivaldis Oper «Ottone in Villa» auf, und mit Il Giardino Armonico für Decca spielte er «Alleluia» mit Julia Lezhneva und «La morte della Ragione» ein, Sammlungen von Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit dem Kammerorchester Basel hat er die gesamten Beethoven-Sinfonien für Sony Classical aufgenommen und mit Emmanuel Pahud für Warner Classics eine CD mit Flötenkonzerten unter dem Titel «Revolution». Im Jahr 2013 dirigierte er eine Aufnahme von Bellinis «Norma» für Decca in Zusammenarbeit mit dem Orchestra La Scintilla.

Antonini ist künstlerischer Leiter des Projekts Haydn 2032, mit dem die Vision verwirklicht werden soll, bis zum 300. Jahrestag der Geburt des Komponisten sämtliche Sinfonien von Joseph Haydn aufzunehmen und mit Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel aufzuführen. Die ersten 12 Editionen sind beim Label Alpha Classics erschienen, jährlich sind zwei weitere Editionen geplant.

Francesca Aspromonte
Sopran

Francesca Aspromonte

Sopran

Die italienische Sopranistin Francesca Aspromonte, die ihr Debüt bei Haydn2032 mit Konzert- und Opern-Arien geben wird, ist trotz ihrer jungen Jahre bereits auf bestem Wege, eine internationale Karriere zu machen. Geboren 1991, studierte sie zunächst Klavier und Cembalo, dann erst Gesang bei Maria Pia Piscitelli und Boris Bakow am Mozarteum Salzburg. Seit 2012 studiert sie auch in Renata Scottos Opernstudio an der römischen Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Sie ist bereits beim Festival Aix-en-Provence und dem Musikfest Bremen, an der Opéra Royal de Versailles und der Opéra National de Montpellier aufgetreten, unter anderem mit John Eliot Gardiner, Leonardo García Alarcón und Stefano Demicheli. Ihre Schwerpunkte liegen in der italienischen Vokalmusik des 17. und 18. Jahrhunderts.

Aufnahmen


VOL. 3 _SOLO E PENSOSO

CD

Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico
Sinfonien Nr. 42, Nr. 4, Nr. 64
Ouvertüre "L'Isola Disabitata", Arie "Solo e pensoso"


Erhältlich über:
Bider&Tanner, Basel
Outhere Music
Download / Stream


VOL. 3 _SOLO E PENSOSO

Vinyl-Schallplatte mit Buch (mit Download-Code CD)

Giovanni Antonini, Francesca Aspromonte, Il Giardino Armonico
Sinfonien Nr. 42, Nr. 4, Nr. 64
Ouvertüre "L'Isola Disabitata", Arie "Solo e pensoso"
Essay "Haydn" von Lily Brett


Erhältlich über:
Bider&Tanner, Basel
Joseph Haydn Stiftung, Basel

© Bruno Barbey / Magnum Photos

Biografie

Bruno Barbey
Fotograf, Magnum Photos

Bruno Barbey

Fotograf, Magnum Photos

Bruno Barbey (* 1941 in Marokko) ist ein vielfach preisgekrönter französischer Fotograf, Autor und Filmemacher und Mitglied der Fotoagentur Magnum. Während der Sechzigerjahre wurde er vom Verlag Editions Recontre in Lausanne damit beauftragt, Fotoserien in Europa und Afrika zu erstellen. Er reiste nach Neapel, in die Camargue, nach Portugal, Schottland, Kenia und Kuwait. Aus jedem seiner Reisen entstand ein von ihm illustriertes Buch. 1968 wurde er als Vollmitglied in die Fotoagentur Magnum aufgenommen, dem Jahr, in dem er ausführlich die Arbeiter- und Studentenunruhen in Paris mit seiner Kamera dokumentierte. Von 1979 bis 1981 reiste er durch Polen und brachte wieder genügend Material für ein Buch mit. Seine Fotoreportagen wurden weltweit gedruckt, darunter in Life, Paris Match, dem Stern, Geo und National Geographic. Seine Bilder heute in vielen Museen verschiedener Länder verwahrt. Der größte Teil seiner Sammlung befindet sich mit der Kollektion der Magnum-Fotoagentur im Harry Ransom – Center in Austin, Texas.

Ich weiß, dass mir etwas Wesentliches entgeht. Die Musik bewegt Menschen und versetzt sie über Kontinente und Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte. Sie entfernt so viele der Hindernisse, die uns voneinander trennen. Hindernisse wie Sprache, Alter, Religionszugehörigkeit oder Rasse. Und zuviel Stille kann ebenfalls isolieren.
Ich bin ein größerer musikalischer Ignorant, als mir guttut. Ich sollte mehr wissen. Vor allem über Franz Joseph Haydn. Ich würde gern den Vater meiner Schwiegertochter, der in Pennsylvania Musik lehrt, über Haydn ausfragen. Aber ich traue mich nicht. Ich schäme mich zu sehr über mein Unwissen. Und wie soll man einen Musikprofessor etwas Allgemeines über Haydn fragen, der, wie ich gelesen habe, der Vater der Sinfonie ist, das Streichquartett erfand und zudem als Genie galt?

Ausschnitt aus dem Essay «Haydn» von Lily Brett

Der Essay «Haydn» von Lily Brett ist in der Schallplatten-Edition Vol. 3 erschienen.

Biografie

Lily Brett
Autorin

Lily Brett

Autorin

Lily Brett ist eine australisch-amerikanische Schriftstellerin. Sie wurde 1946 in einem bayerischen DP-Lager, einem Lager für Displaced Persons, in Feldafing in Deutschland geboren (DP-Lager Feldafing). Ihre Eltern hatten im Ghetto von Łódź geheiratet, wurden im KZ Auschwitz getrennt und fanden einander erst nach sechs Monaten wieder. 1948 emigrierte die Familie nach Australien. Mit 19 Jahren begann Lily Brett für ein Rockmagazin zu schreiben, unter anderem interviewte sie Größen wie Jimi Hendrix, The Who und die Rolling Stones. Für das dritte Haydn2032-Projekt «Solo e Pensoso» befasste sich Lily Brett mit Joseph Haydn und seiner Musik.