NO.16 __THE SURPRISE

Il Giardino Armonico
Kammerorchester Basel
Giovanni Antonini, Dirigent
Zora del Buono, Autorin
Jean Gaumy, Fotograf

 

Joseph Haydn: Sinfonien Nr. 90, Nr. 94 "The Surprise" ("Mit dem Paukenschlag") und Nr. 98
Gioachino Rossini: Ouvertüre zu «La scala di seta» (1812)

Das kompositorische Schaffen Joseph Haydns gilt als Inbegriff dessen, was man als Humor in der Musik versteht – vorausgesetzt wir einigen uns darauf über diejenige zu sprechen, welche gemeinhin unter dem Begriff der europäischen Kunstmusik subsumiert wird. Um ein Publikum solcherart zu unterhalten, dass es zum Schmunzeln, Lächeln oder gar einer akustisch vernehmbaren Form plötzlich eintretender Erheiterung angeregt wird, ist es von Vorteil sich in das selbige, seine besonderen Vorlieben und Erwartungen bestmöglich hineinversetzen zu können. Und genau darauf verstand sich der neuerdings dienstfrei gestellte Kapellmeister wie kein anderer, als er nach dem Tode Fürst Nikolaus I. Esterházy das Konzertleben der Weltstadt London mit seinen jüngsten Sinfonien und noch dazu seiner persönlichen Anwesenheit beglücken durfte.

Das Programm der 16. Auflage von Haydn 2032 – auf den im englischsprachigen Raum bekannten Beinamen der Sinfonie Nr. 94 lautend – setzt sich aus Werken zusammen, die Haydn während seiner ersten, von 1791 bis 92 dauernden Englandreise schrieb oder zumindest daselbst zur Aufführung brachte. Was sie miteinander verbindet, ist der geistreich-humorvolle Gedanke, der zum satz- wenn nicht gar werkbestimmenden Ereignis wird, wie etwa der einst für Furore sorgende Paukenschlag, der auch heute noch manch eine Konzertgängerin und Konzertgänger mit einem Male aus der zuvor eingenommen behaglichen Sitzposition zu reissen vermag. Was unser sich erstmals aus den vereinten Kräften von IGA und KOB zusammengesetztes, die originale Besetzung des Londoner Salomon's Concert widerspiegelndes Haydnensemble sonst noch zu bieten hat? Die Rede ist von einem kleinen Gastauftritt des Meisters höchstpersönlich. Und weiters? Lassen Sie sich überraschen . . .

Programm

Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 90 C-Dur Hob. I:90 (1788)
Adagio – Allegro assai / Andante / Menuet – Trio / Finale. Allegro assai

90

SINFONIE NR. 90 C-DUR HOB. I:90 (1788)

Besetzung: Fl, 2 Ob, 2 Fg, 2 Hr, (2 Trp, Pk), Str
Entstehungsjahr: 1788

Adagio – Allegro assai / Andante / Menuet – Trio / Finale. Allegro assai

 

von Christian Moritz-Bauer

Haydn liebte es zu lachen. Belegen lässt sich dies etwa durch eine Beschreibung des in London wirkenden Klaviervirtuosen und Komponisten Muzio Clementi, an die sich der Musikhistoriker Charles Burney, ein großer Bewunderer Haydns, erinnerte:

„Clementi, der ihn in Ungarn bei Fürst Esterhazy sah, sagt er sei ein kleiner Mann mit brauner Gesichtsfarbe, um die fünfzig, trägt eine Perücke, und wenn er eines seiner eigenen kapriziösen Werke aufgeführt hört, lacht er wie ein Narr.“ 1

Wenn also Haydn beim Hören seiner Kompositionen lachen musste, so darf man sich vorstellen, dass er dies auch von anderen daran Teilhabenden erwartete, besonders wenn sie aus den Reihen jenes Publikums stammten, das er direkt vor Augen hatte. Eine besonders einprägsame musikalische Passage, die er zu diesem Zweck auserkoren hatte, findet sich in der Sinfonie Nr. 90 wieder.
Gegen Ende des Finales der Komposition scheint die Musik zu einem vorzeitigen Ende zu gelangen, auf welches schon so manches Konzertpublikum – man hört und erzählt es sich allenthalben – hereingefallen sein soll. Doch nach einer vier Takte langen Generalpause wird – welch feinsinniger, die Komik der Situation noch verstärkender Humor – der (ganz selbstverständlich) in der Grundtonart angesiedelte Satz in Des-Dur, der tiefalterierten zweiten bzw. neapolitanischen Stufe von C, wiederaufgenommen und endet schließlich in einer gewaltigen Coda.
Insgesamt darf Haydns ursprünglich für die Konzerte der Pariser Freimaurerloge Société Olympique verfasste C-Dur-Sinfonie, die laut Datierung des Partiturautographs im Jahr 1788 entstand, als ein ausgesprochen „charmantes, gewinnendes, mit festlichem Blechbläserglanz ausgestattetes Werk“ umschrieben werden – wie geschaffen als musikalischer Auftakt, nicht nur für ein Publikum heutiger Tage, sondern auch das der Mr. Salomon’s Concerts zu London, jener im Jahr 1786 ins Leben gerufenen Veranstaltungsreihe des aus Bonn stammenden Violinisten und Impresario Johann Peter Salomon. Ihm war es bekanntlich gelungen, den nach dem Tod seines jahrzehntelangen Dienstherrn Fürst Nikolaus I. Esterházy mit einem Mal beschäftigungslos gewordenen Joseph Haydn für musikausübende wie neue kompositorische Beiträge zu gewinnen.
Da Haydns erstes sich über die Jahre 1791-92 erstreckendes Londoner Engagement aus nicht weniger als zwölf Konzerten pro Saison zuzüglich eines Benefizkonzerts bestand, zu denen er insgesamt sechs neu komponierte Sinfonien beizusteuern hatte, erscheint es nur allzu logisch, dass dies ohne einen bereits mitgebrachten Vorrat an älteren Kompositionen nicht zu bewerkstelligen war. Zu diesen gehörte u. a. jenes Werk, das nach Beendigung von Haydns erster ‚London Season‘ anlässlich der von Charles Burney initiierten Ernennung des Komponisten zum Ehrendoktor der Universität Oxford aufgeführt wurde und deshalb fortan auf den gleichnamigen Beinamen hören sollte, aber auch die heute eingangs Erklingende. In einer Anzeige der Tageszeitung „The Times“ vom 23. November 1791 wurden jedenfalls Drucke beider Werke als „Haydn’s Grand Symphonies No. 7 and 8, performed at Mr. Salomons Concert, 1791“ annonciert,2 erschienen beim Verlag Longman & Broderip, No. 26 Cheapside, Music Sellers to the Royal Family.

1 Zit. nach Alvaro Ribeiro (Hrsg.):The Letters of Dr Charles Burney, Vol. 1. Oxford: Oxford University Press, 1991, S. 400 (Übersetzung: Christian Moritz-Bauer).
2 Vgl. H. C. Robbins Landon: Haydn: Chronicle and Works. Haydn in England 1791–1795. London: Thames and Hudson, 1976, S. 54.

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 98 in B-Dur Hob. I:98 (1791/92)
Adagio – Allegro/ Andante / Menuet. Allegro – Trio / Finale. Presto

98

SINFONIE NR. 98 B-DUR HOB. I:98 ([1791/1792], UA 2.3.1792)

Besetzung: Fl, 2 Ob, 2 Fg, 2 Hr, 2 Trp, Pk, Str
Entstehungsjahr: 1791/92
Uraufführung: 2.3.1792

Adagio – Allegro/ Adagio / Menuet. Allegro – Trio / Finale. Presto

 

von Christian Moritz-Bauer

„In 3tn Concert wurde die neue Sinfonie in bfa gegeben, und wurden das Erste und letzte Allegro encort“1 – also fasste Joseph Haydn auf trocken-humorvolle, (teil)anglisierte Weise in seinem ersten Londoner Notizbuch die Ereignisse rund um die Uraufführung seiner Sinfonie B-Dur Hob. I:98 zusammen, die am 2. März 1792 in den Hanover Square Rooms im Rahmen der Mr. Salomons Concerts über die Bühne ging.
Wie begeistert das Publikum damals sein neuestes Werk aufgenommen hatte, dürfte den Komponisten gleichermaßen stolz gemacht wie in gewisser Weise auch beruhigt haben. Schließlich war es noch nicht allzu lange her, dass die mit Salomons Konzertreihe in Konkurrenz stehenden Professional Concerts des auch aus Deutschland, genauer gesagt aus Mannheim stammenden und noch dazu gleichfalls am Hanover Square veranstaltenden Violinisten Wilhelm Cramer, seinen früheren Schüler Ignaz Pleyel aus Straßburg an die Themse geholt hatten, um diesen mit fleißiger Unterstützung der Presse als seinen großen künstlerischen Gegenspieler zu installieren.
Wann genau Haydn seine erste Londoner B-Dur-Sinfonie komponierte – mit Hob. I:102 sollte ihr etwa drei Jahre später noch eine weitere folgen –, lässt sich nur vermuten, da die entsprechende Stelle am Titelblatt des Autographs abgerissen und verlorengegangen ist. Angesichts des großen Arbeitspensums, das Haydn im Winter 1791/92 zu bewältigen hatte, ist jedoch anzunehmen, dass er das Werk bereits in Grundzügen während seines auf einem Landgut in Herfordshire verbrachten vorausgehenden Sommers konzipiert hatte. Dies wiederum würde allerdings der u. a. von Donald Francis Tovey vertretenen These widersprechen, dass insbesondere der zweite Satz der Sinfonie von Haydn einst als eine Art sinfonisches Requiem für Wolfgang Amadé Mozart erdacht worden war.2 Unstrittig ist jedoch, dass Haydn im langsamen Satz von Hob. I:98 einen besonders tief berührenden Ton anschlug und dadurch, so Ludwig Finscher, „die Sphäre der […] gesellschaftlichen Unterhaltung und Verbindlichkeit radikal transzendier[te]“.3
Im ersten Takt der ersten Violine mit der ergänzenden Spielanweisung „cantabile“ vorgezeichnet, verfügt das Adagio über eine leicht zu erfassende thematische Verwandtschaft mit der seinerzeit noch auf den Ausruf „God save the King!“ endenden englischen Nationalhymne und darf daher mit Fug und Recht sowie in den Worten A. Peter Browns als „the last of Haydn’s noble hymntype slow movements in triple meter and the most moving of its type“4 betrachtet werden.
Kaum hörbar, aber sicherlich nicht zufällig ist das Menuett mit dem vorausgehenden langsamen Satz auf subtile motivische Weise verbunden, allerdings lassen das schnelle Tempo und mittels Forzati hervorgehobene Akkorde inmitten der dunkel getönten B-Teile die ansonsten hier gerne anzutreffende spielerische Leichtigkeit des höfischen Tanzes vermissen. (Eine besondere, in diesem Fall sogar satzimmanente, innere Verbindung hat übrigens auch schon der erste Satz der B- Dur- Sinfonie, nämlich eine solche zwischen der gleichsam im Tempo Adagio gehaltenen Einleitung und dem darauffolgenden Allegro-Hauptteil vorzuweisen, denn beide greifen sie auf eine nahezu gleiche anfängliche Tonfolge zurück. Im ersteren Fall entwickelt sich daraus ein pathetisches instrumentales Rezitativ der Streicher, im zweiten schließlich ein dichtes Geflecht an kontrapunktisch-thematischer Arbeit.)
Wie schon das erste, so wurde – nach des Komponisten eigenen Worten – auch das ‚letzte Allegro‘ der Sinfonie Nr. 98, eigentlich deren abschließendes Presto, auf besonderes Bitten des Publikums seiner Erst- wie Zweitaufführung wiederholt. Dass es sich dabei, laut H. C. Robbins Landon, um das „komplexeste und ambitionierteste Finale in Haydns gesamter Karriere“5 handelt, hat mit seiner ausgewöhnlichen Länge aber auch seiner mit denkbar großem Ehrgeiz umgesetzten Sonatenform zu tun. Seine themen- wie motivverarbeitenden Elemente prägen aber nicht nur die Durchführung, bereits im Hauptteil des Satzes nehmen sie einen breiten Raum ein. Umso größer die Überraschung, wenn Haydn gleich nach dem hier angesetzten Doppelstrich und einer an sich schon seltsam anmutenden Generalpause sogleich ein „grotesk-gemütliches“ ursprünglich Salomon höchstpersönlich zugedachtes Violinsolo ‚vom Stapel lässt‘– und das zudem noch in der vollkommen unvorbereiteten Tonart As-Dur – ein Scherz, der sich übrigens vor Satz- und Werkende noch einige weitere Male in veränderter Form wiederholen wird. Das Schlusswort im zunehmend komischen Geschehen des B-Dur-Finale hatte allerdings an jenem Abend im März des Jahres 1792 der frischgebackene Doctor of Music himself – und zwar in Form eines kleinen, aber wohl ungemein wirkungsvoll vorgetragenen Tastensolos! Also umspielte Haydn – nach vorausgegangener Temporeduzierung und mit perlenden Figurationen – das allerletzte Erscheinen des Hauptthemas des Satzes.

 

Zit. nach Denes Bartha (Hg.): Joseph Haydn, Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen. Unter Benutzung der Quellensammlung von H. C. Robbins Landon. Kassel, Budapest u.a.: Bärenreiter, 1965, S. 512–13.
Vgl. Donald Francis Tovey, „Symphony in B Flat (Salomon, No. 8; chronological List, No. 98)“, in: Ders.: Essays in Musical Analysis. Symphonies and other Orchestral Works. Oxford & New York: Oxford University Press, 1989, S. 352–53.
Ludwig Finscher: Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber: Laaber-Verlag, 2000, S. 368.
A. Peter Brown, The Symphonic Repertoire, Volume II: The First Golden Age of the Viennese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven and Schubert, Bloomington & Indianapolis: Indiana University Press, 2002, S. 262.
Vgl. H. C. Robbins Landon: Haydn: Chronicle and Works. Haydn in England 1791–1795. London: Thames and Hudson, 1976, S. 534 (Übersetzung: Christian Moritz-Bauer).

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Gioachino Rossini (1792–1868): Ouvertüre zu «La scala di seta» (1812)
Sinfonia. Allegro vivace – Andantino – Allegro

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GIOACHINO ROSSINI: OUVERTÜRE ZU «LA SCALA DI SETA»

Gioachino Rossini (1792–1868)

 

Sinfonia. Allegro vivace – Andantino – Allegro

 

von Christian Moritz-Bauer

Am 29. Februar 1792, also nur 2 Tage vor der Londoner Uraufführung von Haydns Sinfonie Nr. 98 in B-Dur, wurde im seinerzeit noch kirchenstaatlich regierten Adriastädtchen Pesaro in ein musikalisches Elternhaus – der Vater Giuseppe Rossini war Hornist, die Mutter Anna, geb. Guidarini, Sängerin – ein Sohn namens Giovacchino Antonio geboren. Im Laufe seines 76 Jahre währenden Lebens gelang es ihm, der seinen Vornamen später in Gioachino ändern sollte, sich zu einem der bedeutendsten Komponisten der Musikgeschichte, insbesondere auf dem Gebiet der Oper und in so bedeutenden Musikstädten wie Venedig, Mailand, Neapel und Rom, Wien, London und Paris emporzuarbeiten – eine Karriere, die allerdings bereits 1830 ihr frühzeitiges Ende fand, als ihn die revolutionsbedingte Abdankung des französischen Königs Karl X. Philipp sämtlicher Ämter beraubte.
Rossini verehrte die Musik der Wiener Klassik, versetzte das Publikum der Donaumetropole während seines dortigen Aufenthalts 1822 in einen zum Sprichwort gewordenen gleichnamigen Taumel, erregte den Ehrgeiz des jungen Franz Schubert, der nichts lieber als auch im Bereich des Musiktheaters reüssiert hätte und erfreute sich der Hochachtung Beethovens. Von Joseph Haydn ging zudem ein bedeutender Einfluss auf seine Musik, vor allem diejenige seiner Ouvertüren, aus – einer, der sich besonders an den dort so zahlreich anzutreffenden kompositorischen Einfällen, die auf einen ausgeprägten Sinn für Humor schließen lassen, festmachen lässt. Die vielen überraschenden Akkorde in „L’italiana in Algeri“ und „Semirade“ hätte dem älteren Meister jedenfalls sicher gefallen, ebenso wie die scherzhaften Pausen und farbreich-virtuosen Bläsersoli in „La scala di seta“ oder die scharfen Synkopierungen vom Ende des Vorspiels zu „Guillaume Tell“.
Im Mai 1812 im Teatro San Moisé in Venedig uraufgeführt und zur musikalischen Gattung der farsa comica gehörend, basiert „La scala di seta“ (Die seidene Leiter) auf einer gleichnamigen Komödie des französischen Dichters Eugène Planard. Die Sinfonia des einaktigen Bühnenwerks folgt dem von Rossini favorisierten Schema: eine langsame Einleitung – hier durch einen improvisatorisch wirkenden, triolischen und „alla corda“, also mit beständigem Druck auf die Saiten auszuführenden Eingang der ersten und zweiten Violinen vorbereitet – geht in eine Sonatenform ohne Durchführung über, deren Reprise das berühmte „Rossini-Crescendo“ aufzuweisen hat.

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Joseph Haydn (1732–1809): Sinfonie Nr. 94 «The surprise» («Mit dem Paukenschlag») Hob. I:94 (1791)
Adagio – Vivace assai / Andante / Menuet – Trio / Finale. Allegro di molto 

94

SINFONIE NR. 94 G-DUR «THE SURPRISE» («MIT DEM PAUKENSCHLAG») HOB. I:94 (London 1791, UA 23.3.1792)

Besetzung: 2 Fl, 2 Ob, 2 Fg, 2 Hr, 2 Trp, Pk, Str
Entstehungsjahr: 1791
Uraufführung: 23.3.1792

Adagio – Vivace assai / Andante / Menuet – Trio / Finale. Allegro di molto

 

von Christian Moritz-Bauer

„[In Salomons Konzerten wurden …] auch Gesangsstücke, Concertstücke auf verschiedenen Instrumenten und zuweilen Chöre aufgeführt, so dass die Concerte öfters bis nach Mitternacht dauerten, wobei die Damen nicht selten eingeschlummert waren. Dies brachte Haydn auf den Gedanken, etwas zu schreiben, was dieselben aus dem Schlaf wecken sollte, und bei dieser Gelegenheit entstand das beliebte Andante mit dem Paukenschlag, worüber die Damen wirklich aus dem Schlaf zusammen fuhren, und manche sogar einen lauten Schrei hören ließen. Als Haydn eben dieses Andante komponierte, kam Gyrowetz zu ihm auf Besuch. Haydn war über seinen eigenen Gedanken so erfreut und fröhlich, dass er ihm sogleich das Andante auf seinem viereckigen Fortepiano vorspielte, dabei herzlich lächelte, und gleichsam im prophetischen Geiste ausrief: Da werden sie aufspringen!“1

Der in England enthusiastisch gefeierte Joseph Haydn trug die ihm daselbst verliehenen Ehrentitel – „Doktor der Musik“, „Shakespeare der Musik“, usw. – egal, ob sie nun offizieller oder auch inoffizieller Natur waren, allemal zurecht. Hymnengleiche Adagios, subtile Komödien, ja sogar kleine Rüpelszenen – sie alle finden sich in den Werken, insbesondere Sinfonien, die er dort zur Aufführung brachte, wieder. Dass er mit der Kreation der selbigen aber nicht nur Mühe, sondern gelegentlich auch eine rechte Freude hatte – wie aus dem autobiographischen Bericht seines ihn gerne zu London besuchenden Musikerkollegen Adalbert Gyrowetz hervorgeht – sei ihm natürlich von Herzen gegönnt, auch über all die vergangene Zeit hinweg. Der Paukenschlag-Akkord der G- Dur-Sinfonie Hob. I:94 war also eine nachträgliche kompositorische Zutat – was auch ein Blick in Haydns Autograph der zunächst festgehaltenen Erstfassung des langsamen Satzes bestätigt. Denn jene Stelle, an der er später erschallen sollte, wird hier noch von einem einfachen Wiederholungszeichen eingenommen, das den Vorder- vom Nachsatz in der anfänglichen Präsentation des „semplice“ vorzutragenden Themas dieses wohl berühmtesten aller jemals komponierten Variationensätze trennt.

Einfachheit und Eingängigkeit gepaart mit Expression und solennem Pathos aber sehr gerne auch mit Witz und Ironie stellten seinerzeit eine Art Maxime im ästhetischen Empfinden der gehobenen Gesellschaft Englands dar, die auf literarischer Seite ihre wohl stärkste Ausprägung in den Werken eines Laurence Sterne fand. Die selbige nunmehr auch in der Musik anzutreffen, war hingegen etwas vollkommen Neues und dementsprechend stark wie nachhaltig auch der Eindruck, den insbesondere der langsame Satz aus Haydns Sinfonie Nr. 94, die am 23. März 1792 – also genau drei Wochen nach der im vorigen Konzertteil erklungenen Nr. 98 uraufgeführt wurde – beim damaligen Publikum hinterließ.

„Der große Name Haydns und die allgemeine Vortrefflichkeit der Konzerte unter der Leitung Salomons haben eine entsprechende Wirkung auf die Welt des Geschmacks und der Mode. Der Saal war gestern Abend überfüllt, und zwar von einer sehr eleganten Gesellschaft.
Eine neue Komposition von einem Mann wie Haydn ist ein großes Ereignis in der Geschichte der Musik. Die Neuheit des gestrigen Abends war eine großartige Sinfonie, deren Thema bemerkenswert einfach war, sich aber zu einer enormen Komplikation ausweitete, exquisit moduliert und auffallend in der Wirkung. Der Beifall der Kritiker war inbrünstig und reichhaltig.“
2

Waren ‚Nobility and Gentry‘, das sich aus Adel und Bürgertum zusammensetzende Publikum, welches der „Sixth Performance“ der 1792er Serie der Mr. Salomons Concerts einst beiwohnte, schon nach dem Verklingen des „ersten Allegros“ von Hob. I:94 – eigentlich ein Vivace assai, das sich aus der Ruhe der einleitenden Adagio-Takte heraus entwickelt, von all der bis dato erfahrenen „simplicity“ bereits dermaßen angetan, dass es sofort in Applaus und Bravo-Rufe verfiel, so dürfte das, was unmittelbar darauf folgen sollte, einen wahren Sturm an Begeisterung ausgelöst haben:

„Der zweite Satz entsprach den glücklichsten Vorstellungen des großen Meisters. Die Überraschung [‚The surprise‘] ließe sich – auf nicht unpassende Weise – mit der Situation einer schönen Hirtin vergleichen, die, durch das sanfte Rauschen eines fernen Wasserfalls eingeschläfert, von dem plötzlichen Schuss einer Vogelflinte entsetzt hochfährt.“3

Die also mit ‚einem Schlag‘ berühmt gewordene liedhafte Weise des Andante, egal ob nun tatsächlich damit einst eingeschlafene oder anderweitig abgelenkte Zuhörer*innen geweckt oder vielmehr zum erneuten Geschenk ihrer Aufmerksamkeit angeregt werden sollten, wurde bald so berühmt, dass sie in zahlreichen, zumeist mit Gesangstext unterlegten, anonym angefertigten Arrangements für den musikalischen Hausgebrauch erschien. Schließlich war es sogar Haydn selbst, der das beinah zum Volkslied gewordene Thema aus Hob. I:94 gleich einem ironischen Selbstzitat in sein letztes Oratorium „Die Jahreszeiten“ einbaute, wo es nunmehr wie auf Stichwort („In langen Furchen schreitet er dem Pfluge flötend nach“), zum musikalischen Spiel des Bauern Simon im Orchester erklingt.
Ein volkstümlich-musikantischer Bezug lässt sich aber auch zum Menuett der – bis auf den ‚Paukenschlag‘ – zwar noch in 1791 komponierten aber erst im darauffolgenden Frühjahr aufgeführten G-Dur-Sinfonie herstellen: Stampfende Akzente und stilisierte Juchzer zu ländlerartigen Rhythmen lassen vor dem inneren Auge bäuerlich-einfache Akteure einer in Tönen gegossenen Komödie, deren Gesten, Mienenspiel und Humor generierenden Dialoge erscheinen.
Eine weitere „überaus gesprächige Versammlung“ betrete – so der Eindruck von Wolfgang Stähr – schließlich „[i]m Finale der ‚Surprise‘-Sinfonie […] die unsichtbare Bühne, redet mit-, über- und durcheinander, tauscht Argumente aus, wagt scheue Einwände und polternde Machtworte, stutzt und verstummt, um zuletzt unter knallenden Paukenschlägen Szene, Satz und Symphonie wirkungsvoll zu beschließen.“4
Joseph Haydn, dem großen Erzähler der klassischen Sinfonie, gingen sie wohl niemals aus – die in Töne gegossenen Geschichten – erst recht nicht in jener gleichsam spannenden wir bislang erfolgreichsten Zeit seiner großen künstlerischen Karriere, wenige Tage vor Abschluss seines sechzigsten Lebensjahrs.

1 Zit. nach: Rita Fischer-Wildhagen (Hg.): Biographie des Adalbert Gyrowetz. Text der Originalausgabe 1848. Stuttgart: Matthaes Verlag, 1993, S. 89.
2 The Morning Herald, 24. März 1792. Zit. nach H. C. Robbins Landon: Haydn: Chronicle and Works. Haydn in England 1791–1795. London: Thames and Hudson, 1976, S. 149 (Übersetzung: Christian Moritz-Bauer).
The Oracle. Bell’s new world, 24. März 1792. Zit. nach H. C. Robbins Landon: Haydn: Chronicle and Works. Haydn in England 1791–1795. London: Thames and Hudson, 1976, S. 150 (Übersetzung: Christian Moritz-Bauer).

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Besetzung

Il Giardino Armonico
Kammerorchester Basel
Giovanni Antonini, Dirigent

  • Besetzungsliste Orchester

    1. Violine Stefano Barneschi, Valentina Giusti, Angelo Calvo, Mirjam Steymans-Brenner, Eva Miribung, Ayako Matsunaga, Elena Abbati, Fabrizio Haim Cipriani
    2. Violine Elisa Citterio, Tamás Vásárhelyi, Regula Keller, Francesco Colletti, Regula Schaer, Maria Cristina Vasi, Giacomo Coletti, Timoti Fregni
    Viola Mariana Doughty, Bodo Friedrich, Archimede de Martini, Carlos Vallès Garcia
    Violoncello Christoph Dangel / Paolo Beschi *, Maria Calvo, Hristo Kouzmanov, Georg Dettweiler
    Kontrabass Stefan Preyer / Giancarlo di Frenza *, Mathias Beltinger, Peter Pudil
    Flöte Marco Brolli, Regula Bernath
    Oboe Thomas Meraner, Maike Buhrow
    Klarinette Etele Dosa, Christian Leitherer
    Fagott Carles Cristobal Ferran, Edurne Santos Arrastua
    Horn Konstantin Timokhine, Mark Gebhart
    Trompete Simon Lilly, Jan Wollmann
    Pauken Alexander Wäber
    Cembalo Andrea Buccarella

    * Stimmführer im Wechsel

Vergangene Konzerte

Innsbruck
Sonntag, 23.01.2022, 20.00 Uhr

Innsbruck, Congress

Wien
Montag, 24.01.2022, 19.30 Uhr

Musikverein Wien, grosser Saal

Konzerteinführung: 18.30 Uhr, Brahms-Saal
Konzert: 19.30 Uhr, grosser Saal

Lyon
Dienstag, 25.01.2022, 20.00 Uhr

Lyon, Auditorium
Abgesagt aufgrund der Coronavirus-Pandemie

Basel
Mittwoch, 26.01.2022, 19.30 Uhr

Don Bosco Basel, Paul Sacher Saal

Haydn-Lounge und -Lesung: 18.15 Uhr, Lounge mit Giovanni Antonini / Andrea Scartazzini (Moderation) und Lesung mit Zora del Buono
Konzert: 19.30 Uhr

Biografien

Il Giardino Armonico
Orchester

Il Giardino Armonico

Orchester

Il Giardino Armonico, unter der Leitung von Giovanni Antonini, wurde 1985 gegründet und hat sich als eines der weltweit führenden Ensembles mit Spezialisierung auf historische Instrumente etabliert. Das Ensemble besteht aus Musikerinnen und Musikern aus den bedeutenden Musikinstituten Europas. Sein Repertoire konzentriert sich hauptsächlich auf das 17. und 18. Jahrhundert. Je nach Bedarf des jeweiligen Programms besteht die Gruppe aus sechs bis dreißig Musikerinnen und Musikern.

Das Ensemble wird regelmäßig zu Festivals auf der ganzen Welt eingeladen und tritt in den bekanntesten Konzerthallen auf. Große Anerkennung erfährt es dabei sowohl für seine Konzerte als auch für seine Opernproduktionen, z. B. Monteverdis „L’Orfeo“, Vivaldis „Ottone in Villa“, Händels „Agrippina“, „Il Trionfo del Tempo e del Disinganno“, „La Resurrezione“ und „Giulio Cesare in Egitto“ mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen 2012.

Darüber hinaus ist Il Giardino Armonico stets intensiv mit Aufnahmen beschäftigt. Viele Jahre war das Ensemble exklusiv bei Teldec unter Vertrag und erhielt mehrere bedeutende Auszeichnungen für seine Aufnahmen von Werken von Vivaldi und den anderen Komponisten des 18. Jahrhunderts. Es folgte ein Exklusivvertrag mit Decca/L’Oiseau-Lyre für die Aufnahme von Händels Concerti Grossi op. 6 und die Kantate „Il Pianto di Maria“ mit Bernarda Fink. Bei Naïve brachte Il Giardino Armonico zudem „La Casa del Diavolo“, Vivaldis Cellokonzerte mit Christophe Coin, sowie die Oper „Ottone in Villa“ heraus, die 2011 mit dem Diapason d'Or ausgezeichnet wurde. Für das Label Onyx nahm es Vivaldis Violinkonzerte mit Viktoria Mullova auf.

Nach dem großen Erfolg und der Grammy-Auszeichnung für „The Vivaldi Album“ mit Cecilia Bartoli (Decca, 2000) führte eine erneute Zusammenarbeit mit ihr 2009 zu dem Projekt „Sacrificium“ (Decca), ein Platin-Album in Frankreich und Belgien, das einen weiteren Grammy erhielt. Produkt des jüngsten Projekts mit Cecilia Bartoli ist das Album „Farinelli“ (Decca, 2019).
Ebenfalls bei Decca brachte Il Giardino Armonico „Alleluia“ (2013) und „Händel in Italy“ (2015) mit Julia Lezhneva heraus – beide Werke wurden von Öffentlichkeit und Kritikern gepriesen.

In einer Koproduktion mit dem Nationalen Forum für Musik in Breslau (Polen) veröffentlichte Il Giardino Armonico „Serpent & Fire“ mit Anna Prohaska (Alpha Classics – Outhere Music Group, 2016) und gewann 2017 den ICMA für Barockgesang. Es folgte die Telemann-Aufnahme auf CD und LP (Alpha Classics, 2016), die 2017 den Diapason d’Or de l'Année und den Echo Klassik erhielt.
Die Einspielung von fünf Violinkonzerten von Mozart mit Isabelle Faust (Harmonia Mundi, 2016) ist das Ergebnis der hochkarätigen Zusammenarbeit mit der großartigen Violinistin und wurde 2017 mit dem Gramophone Award und Le Choc de l'année ausgezeichnet.
Ein neues Vivaldi-Album, „Concerti per flauto“, ist erschienen (Alpha Classics, March 2020) und gewann den Diapason d’Or: eine prächtige Zusammenstellung aus diesem Repertoire mit Giovanni Antonini als Soloist, aufgenommen zwischen 2011 und 2017.

Il Giardino Armonico ist Teil des Projekts „Haydn2032“, zu dessen Zweck die Joseph Haydn Stiftung Basel gegründet wurde, um sowohl die Einspielung der gesamten Haydn-Sinfonien (Label: Alpha Classics) als auch Konzerte in verschiedenen europäischen Städten mit dem thematischen Schwerpunkt auf dessen Repertoire zu unterstützen. Das erste Album mit dem Titel „La Passione“ kam im November 2014 heraus und erhielt den Echo Klassik (2015). „Il Filosofo“, 2015 veröffentlicht, wurde mit dem „Choc of the Year“ von Classica ausgezeichnet. Das dritte Album, „Solo e Pensoso“, erschien im August 2016 und das vierte Album, „Il Distratto“, kam im März 2017 heraus und gewann im selben Jahr den Gramophone Award. Die achte Einspielung, La Roxolana, wurde im Januar 2020 veröffentlicht und die neunte Aufnahme, „L’Addio“, kam im Januar 2021 heraus und gewann den „Choc of the Year“ von Classica und den Diapason d’Or. Das zehnte Album, „Les Heures du Jour“, wurde im Juli 2021 herausgebracht und gewann im Oktober 2021 den Diapason d’Or.
Der Album-Zyklus wurde kürzlich um ein weiteres monumentales Werk des österreichischen Komponisten ergänzt: „Die Schöpfung“ mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks wurde im Oktober 2020 veröffentlicht.

Das Ensemble arbeitete ebenfalls mit renommierten Soloisten wie Giuliano Carmignola, Sol Gabetta, Katia und Marielle Labèque, Viktoria Mullova und Giovanni Sollima zusammen.
2018 setzte Il Giardino Armonico seine Zusammenarbeit mit der jungen und talentierten Violinistin Patricia Kopatchinskaja mit einem Programm voller schöpferischer Spannung zwischen Vergangenheit und Zukunft fort, das philologische Genauigkeit und zeitgenössische Musik verbindet: Das Album „What’s next Vivaldi?“ kam im Oktober 2020 bei Alpha Classics heraus und erhielt 2021 den Opus Klassik.
Zu den jüngsten Projekten zählen die Aufnahme von „La morte della Ragione“ (koproduziert mit dem Nationalen Forum für Musik in Breslau, herausgebracht von Alpha Classics und 2019 ausgezeichnet mit dem Diapason d’Or), ein Programm zur Förderung der Aufmerksamkeit für Barockmusik in Europa und die Suche nach einer Wiederbelebung des Hörerlebnisses früher Musik.

ilgiardinoarmonico.com

Kammerorchester Basel
Orchester

Kammerorchester Basel

Orchester

Das Kammerorchester Basel ist fest in Basel verankert – mit den beiden Abonnements-Reihen im Stadtcasino Basel sowie in dem eigenen Proben- und Aufführungsort Don Bosco Basel. Weltweit und mit mehr als 60 Konzerten pro Saison ist das Kammerorchester Basel auf Tourneen unterwegs, an internationalen Festivals und in den wichtigsten europäischen Konzertsälen stets gerngesehener Gast.

2019 als erstes Orchester mit einem Schweizer Musikpreis geehrt, zeichnen das Kammerorchester Basel Exzellenz und Vielseitigkeit sowie Tiefgang und Durchhaltevermögen aus. Es taucht mit seinen Interpretationen tief in die jeweiligen thematischen und kompositorischen Welten ein: in der Vergangenheit mit dem «Basler Beethoven» oder mit Heinz Holliger und unserem «Schubert-Zyklus». Oder wie mit dem Langzeitprojekt Haydn2032, der Einspielung und Aufführung aller Sinfonien von Joseph Haydn bis ins Jahr 2032 unter der Leitung von Principal Guest Conductor Giovanni Antonini und gemeinsam mit dem Ensemble Il Giardino Armonico. Ab der laufenden Saison hat sich das Kammerorchester Basel vorgenommen, sich unter der Leitung des Alte-Musik-Spezialisten Philippe Herreweghe allen Sinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy zu widmen.

Mit ausgewählten Solistinnen und Solisten wie Maria João Pires, Jan Lisiecki, Isabelle Faust oder Christian Gerhaher arbeitet das Kammerorchester Basel immer wieder gerne zusammen. Unter der künstlerischen Leitung der KonzertmeisterInnen sowie unter der Stabführung ausgewählter Dirigenten wie u.a. Heinz Holliger, René Jacobs oder Pierre Bleuse präsentiert das Kammerorchester Basel sein breites Repertoire.

Die Konzertprogramme sind so vielfältig wie die 47 Musikerinnen und Musiker und reichen von Alter Musik auf historischen Instrumenten über historisch informierte Interpretationen bis hin zu zeitgenössischer Musik.

Ein Herzstück der Arbeit bildet die zukunftsweisende Vermittlungsarbeit bei partizipativen Grossprojekten im kreativen Austausch mit Kindern und Jugendlichen.
Eine umfangreiche, vielfach preisgekrönte Diskografie dokumentiert das künstlerische Schaffen des Kammerorchester Basel.

Seit 2019 ist die Clariant Foundation Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel.

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Giovanni Antonini
Dirigent

Giovanni Antonini

Dirigent

Der gebürtige Mailänder Giovanni Antonini studierte an der Civica Scuola di Musica und am Zentrum für alte Musik in Genf. Er ist Mitbegründer des Barockensembles Il Giardino Armonico, dessen Leitung er seit 1989 innehat. Mit dem Ensemble trat er als Dirigent und als Solist für Block-und Traversflöte in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Südamerika, Australien, Japan und Malaysia auf. Er ist künstlerischer Leiter des Wratislavia Cantans Festival in Polen und Erster Gastdirigent des Mozarteum Orchesters und des Kammerorchesters Basel.
Antonini hat bereits mit vielen namhaften Künstlern zusammengearbeitet, darunter Cecilia Bartoli, Isabelle Faust, Viktoria Mullova, Giuliano Carmignola, Giovanni Sollima, Sol Gabetta, Sumi Jo, Emmanuel Pahud, Katia und Marielle Labèque sowie Kristian Bezuidenhout.
Dank seiner erfolgreichen Arbeit ist Antonini gefragter Gastdirigent bei vielen führenden Orchestern. So gastiert er etwa regelmässig bei den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem Mozarteumorchester Salzburg, dem Leipziger Gewandhausorchester, dem London Symphony Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Kammerorchester Basel.
Zu seinen Opernproduktionen gehören Händels «Giulio Cesare» und Bellinis «Norma» mit Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen. Im Jahr 2018 dirigierte er «Orlando» am Theater an der Wien und kehrte für Idomeneo an das Opernhaus Zürich zurück. In der Saison 21/22 wird er als Gastdirigent das Konzerthausorchester Berlin, Stavanger Symphony, Anima Eterna Bruges und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigieren. Außerdem wird er Cavalieris Oper «Rappresentatione di Anima, et di Corpo» für das Theater an der Wien und eine Ballettproduktion von Haydns «Die Jahreszeiten» für das Wiener Staatsballett mit den Wiener Philharmonikern dirigieren. 

Mit Il Giardino Armonico hat Giovanni zahlreiche CDs mit Instrumentalwerken von Vivaldi, J.S. Bach (Brandenburgische Konzerte), Biber und Locke für Teldec aufgenommen. Mit Naïve nahm er Vivaldis Oper «Ottone in Villa» auf, und mit Il Giardino Armonico für Decca spielte er «Alleluia» mit Julia Lezhneva und «La morte della Ragione» ein, Sammlungen von Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts. Mit dem Kammerorchester Basel hat er die gesamten Beethoven-Sinfonien für Sony Classical aufgenommen und mit Emmanuel Pahud für Warner Classics eine CD mit Flötenkonzerten unter dem Titel «Revolution». Im Jahr 2013 dirigierte er eine Aufnahme von Bellinis «Norma» für Decca in Zusammenarbeit mit dem Orchestra La Scintilla.

Antonini ist künstlerischer Leiter des Projekts Haydn 2032, mit dem die Vision verwirklicht werden soll, bis zum 300. Jahrestag der Geburt des Komponisten sämtliche Sinfonien von Joseph Haydn aufzunehmen und mit Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel aufzuführen. Die ersten 12 Editionen sind beim Label Alpha Classics erschienen, jährlich sind zwei weitere Editionen geplant.

© Jean Gaumy, Magnum Photos

Biografie

Jean Gaumy
Fotograf, Magnum Photos

Jean Gaumy

Fotograf, Magnum Photos

Jean Gaumy (geb. 1948 in Frankreich) ist für seine aussagekräftige und atmosphärische Fotografie und Kameraführung bekannt, die durch eine intensive Beschäftigung mit seinen Motiven entsteht. Seine Werke sind sowohl lebendig als auch eindringlich, von seinen berühmten Langzeitprojekten über die Hochseefischerei, Polarforschung und den Iran der 1980er bis hin zu seinen bahnbrechenden Werken zum französischen Strafvollzugs- und Gesundheitssystem. Ab 2005 sondierte er Drehorte für den Film „Sous Marin“, für dessen Dreharbeiten er vier Monate unter Wasser in einem Atom-U-Boot verbrachte. 2008 wurde er für seine Darstellung maritimer Motive offiziell zum „Peintre de la Marine“ ernannt. Seine zahlreichen Werke zum Thema menschlicher Gefangenschaft verknüpft er in den letzten Jahren mit einer kontemplativeren fotografischen Herangehensweise. Nach seinem Film an Bord des Atom-U-Boots begann er 2008 mit einer fotografischen Aufklärungsarbeit, für die er bereits vom arktischen Ozean bis in die verseuchten Gebiete von Tschernobyl und Fukushima reiste. Im Rahmen dieses Projekts fotografierte er ebenfalls eine Serie von Berglandschaften, die in dem Buch „D’après Nature“ veröffentlicht wurde, für das Gaumy 2010 (zum zweiten Mal) den Prix Nadar erhielt. Im selben Jahr befand er sich an Bord des letzten und modernsten U-Boots im Dienst der nuklearen Abschreckung. Gaumy hat sowohl für seine Filme als auch für seine Fotografie zahlreiche Auszeichnungen erhalten und wurde im Oktober 2018 zum Mitglied der renommierten Kunstakademie (Académie des Beaux Arts) am Institut de France erkoren. Seine Werke werden auf der ganzen Welt ausgestellt, zuletzt im Jahr 2016 mit „Les Formes du Chaos“ (Arctique et Falaises) am Centre d’Art Contemporain Matmut in der Normandie, Frankreich, und 2014 im Rahmen der Ausstellungen „La Tentation du Paysage“ und „La Fabrique des Images“ in der Abtei Jumièges, ebenfalls in der Normandie.  Gaumy gehört seit 1977 zu den Magnum-Fotografen. Seit 1995 lebt er in Fécamp in der Normandie im Norden Frankreichs.

Alfred Brendel sitzt auf meinem Klavier und lacht mich an, ein überbordendes, überaus herzliches, doch stummes Lachen. Nie denke ich, dass er mich auslacht. Oder nur manchmal. Dann drehe ich ihn einfach um, und Herr Brendel liegt kopfunter auf dem Klavier. 9 Minuten, 16 Sekunden würde er mich anlachen, wenn ich ihn ließe, aber meistens kommen wir nicht so weit. Nach 5 Minuten, 5 Sekunden ist in der Regel Schluss. Manchmal auch schon nach 56 Sekunden, also am Ende von Takt 14. Wenn ich es darüber hinaus schaffe, rennt er mir davon, und ich keuche hinterher. Dann lasse ich ein paar Töne aus und warte auf ihn, um mich ihm wieder anzuschließen. 

Ausschnitt aus dem Essay «Immer diese Alberti-Bässe» von Zora del Buono


Der Essay «Immer diese Alberti-Bässe» von Zora del Buono wird in der Schallplatten-Edition Vol. 16 erscheinen.

 

Biografie

Zora del Buono
Autorin

Zora del Buono

Autorin

Zora del Buono, 1962 in Zürich geboren, studierte an der ETH Zürich und der UdK Berlin Architektur. Nach Jahren als Bauleiterin in Berlin, änderte sie ihren Beruf und wurde Mitbegründerin der Meeres- und Kulturzeitschrift mare, wo sie bis heute als Interimsredakteurin beschäftigt ist. Ihr erstes Buch "Canitz' Verlangen" erschien 2008 im mareverlag. Seit damals hat sie sieben Romane und literarische Reisebücher geschrieben, etwa "Das Leben der Mächtigen – Reisen zu alten Bäumen" (Matthes & Seitz), die Bauarbeiter-Novelle "Gotthard" (C.H.Beck). 2020 veröffentlichte sie "Die Marschallin", den Familienroman über ihre kommunistische Großmutter Zora Del Buono, die Josip Broz Tito verehrte und das Regiment über die Familie führte. Zora del Buono lebt mit ihren beiden süditalienischen Hunden in Zürich und Berlin.